Das letzte Heu – halten und nehmen halten und lassen

Als Bauerntochter aufgewachsen lebe ich auf demselben Landwirtschaftsbetrieb wie als Kind, in Sursee am See. Einst und jetzt – die Zeit ist im Wandel. „Das letzte Heu“, ist eine Tatsache. Je älter ich werde, desto mehr kehren Bilder aus der Kindheit zurück. Frischgemähtes Gras in der Morgensonne, Heugeruch in der Luft, Blasen an den Händen, weidendes Vieh, Tauben gurren, eine Katze erwärmt sich in der Mittagssonne, süsser Birnenhonigduft in der Küche, goldfarbene Herbst-blätter bedecken Gartenbeete, ein Glas frischgepressten Most nach getaner Arbeit….Jetzt bin ich im Pensionsalter. In absehbarer Zeit werden meine Kräfte nachlassen. Ich werde nicht mehr selbstverständlich in den Garten gehen, die Erde mit den Händen bearbeiten, die mich die Jahre über versorgte. Alles ist in Bewegung. Heu liegt keines mehr in der Scheune. Die Tiere werden verabschiedet. Bejahrtes macht Frischem Platz. Einzig der See scheint keinen Tag älter zu werden. Ich spüre den Schmerz des Loslassens – unterdrücke eine Träne. Wie bleibe ich wach und aktiv, trotz der Veränderung? Ist Kreativität noch möglich, wecken Dinge noch meine Schaffenslust? Ich suche nach Antworten. Mein Werk „Das letzte Heu“ ist
ein Teil der Ergründung. Es drückt Dankbarkeit aus für das, was war und Freude für das, was ist – und ist begleitet von der Hoffnung, dass das was kommt, frei macht.

Oktober 2019, Marlène Schäfer-Schnyder

Das letzte Heu, Materialdruck mit Ölfarbe auf Papier (dreiteilig) je 31x47cm, 2019
Heuschober, Materialdruck mit Ölfarbe auf Papier (dreiteilig) je 15x20cm, 2019
Heimat 1| 2| 3 , Materialdruck mit Ölfarbe auf Papier (dreiteilig) je 36x50cm, 2019
Uf Wederluege, Holzschnitt auf Papier auf Leinwand, 2020